Zitat aus der NZZ Online

Über das Sommerloch in den Medien habe ich ein gutes Zitat in einem Artikel der NZZOnline gefunden:

In der heissen Zeit des Jahres, wenn die Zeitungen dünner werden und das Fernsehen dümmer wird, gleichen die blossgelegten Hautoberflächen das Informationsdefizit aus.

Tatsächlich ist der ganze Artikel nicht nur sehr unterhaltsam, er ist auch äusserst lehrreich. Der Artikel heisst im Titel “Altersflecken auf der moralischen Haut” und ist unter folgendem Link abrufbar.

Zusammenfassung “DIE ZÄHMUNG DES MENSCHEN” von R. Safranski

Nachfolgend einige Textschnipsel aus einem Essay von R. Safranski, das im Spiegel 38/2010 veröffentlicht wurde.

Am interessantesten fand ich den Abschnitt über die drei grossen Kränkungen des Menschen.

Es war Schopenhauer, der zuerst jene später von Freud sogenannten drei grossen Kränkungen des menschlichen Grössenwahns im Zusammenhang bedacht hat, Kränkungen, die zur Signatur des modernen Welt- und Selbstbewusstseins gehören. Die kosmologische Kränkung: Unsere Welt ist eine der zahllosen Kugeln im unendlichen Raum, “auf der ein Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat”. Die biologische Kränkung: Der Mensch ist ein Tier, bei dem die Intelligenz lediglich den Mangel von Instinkten ausgleicht. Die psychologische Kränkung: Das bewusste Ich ist nicht Herr im eigenen Hause. Schopenhauer hat zu einer Zeit, die noch vom Vernunftglauben erfüllt war, mit rationaler Erkenntnis das Nichtrationale der Lebensprozesse aufgedeckt, weshalb ihn Thomas Mann den “rationalsten Philosophen des Irrationalen” nannte.

Besonders fand ich in der oben zitierten Textpassage den Satz: “Der Mensch ist ein Tier, bei dem die Intelligenz lediglich den Mangel von Instinkten ausgleicht.”

Weiter interessant fand ich die Einsicht der Beziehung des Menschen zur Natur.

Der Begriff “Wille” bezeichnet nicht die rationale Absicht, sondern den unersättlichen Trieb, das ruhelose Begehren. Der Wille will nur sich selbst, will leben, überleben. Vor der Natur des Willens müsste es uns eigentlich “grausen”. Da gibt es kein bergendes Reich der Mütter. Wir können nicht mit einer Erde befreundet sein, deren Zufallsprodukt wir sind und die mit unserem Tod das Leben der Gattung erhält. Die Natur ist kein Ort stiller Besänftigung, sondern ein dschungelhaftes Kampfgetümmel.

Einige Stellen weiter weist Safranski darauf hin, dass Schopenhauer die Welt ziemlich düster gesehen hat. So ist z.B. das Mitleid für Schopenhauer die einzige authentische Quelle der Moral. Damit bleibt nur der egoistische Wille, der Lebenstrieb im Menschen. Dieser Wille (was genau Schopenhauer mit “Wille” meinte, kann auf Wikipedia nachgelesen werden) kann nur durch Verneinung gegen sich selbst gewendet, also für kurze Zeit abgewendet, werden.

Schlussendlich kommt es darauf an, hochgesinnt und hochgemut auch ohne Glauben an ein höheres Wesen zu sein. Und damit ist Safranski am Schluss und aus meiner Sicht bei seinem eigentlich Anliegen angelangt. In den Worten Schopenhauers:

In der Kraft zur Überwindung des selbstsüchtigen Willens liegt für ihn die Würde des Menschen beschlossen.

Wir müssen zurückrudern. Das wäre der Fortschritt, der an der Zeit ist.