Falsches Mitleid

Unter diesem Titel wurde kürzlich in der Zeitung “megafon” (“Die Zeitung aus der Reitschule” unter megafon.ch) ein sehr guter Artikel veröffentlicht. Ich möchte hier einige Zitate zur Anregung veröffentlichen.

Die sämtliche Medien und Kanäle durchdringende bürgerliche Wahlkampfpropaganda hat es nämlich erreicht, dass die bürgerliche Moral sehr tief in den Menschen verwurzelt wurde, ohne dass es jemand bemerkt hätte. So etwa ist dies feststellbar, wenn z.B. ein Bettler oder Flüchtling eine Hilfeleistung ablehnen würde.

Die richtige, das Bürgerliche verwerfende Haltung wäre die Folgende, nämlich, dass die besten unter den Armen niemals dankbar sind (Oscar Wilde). Diese Wohltätigkeit ist eine lächerliche, ungenügende Art der Rückerstattung des Selbstverständlichen. Das Verhältnis des/der grosszügigen Helfers/in und des/der dankbaren Nehmers/in erschafft ein psychologisches Herrschaftsverhältnis, in dem sich der/die Mitleidende über den/die Bemitleidende/n stellt. Dieser zwanghafte “Du Arme/r”-Gedanke lässt die Distanzen zwischen Migrierenden und den bereits hier Lebenden entstehen.

(Damit sich die kurzlebige, auf das Besondere bezogene Hilfsbereitschaft nicht massiv reduziert) braucht es nebst der sich auf Augenhöhe befindlichen, nicht auf humanitäre Mitleidsethik basierenden Solidarität, gleichzeitig eine schonungslose Kritik an zum Beispiel konservativen Werten oder sonstigen, dem mündigen Menschen im Weg stehenden Hindernissen.

Die Zeitung kann übrigens online bezogen werden, was sich mehr als lohnt, weil es eine der letzten unabhängigen Zeitungen ist!

Ecopop – ein einig Volk von Rassisten

Ruedi Aeschbacher (EVP) im derBund vom 29.10.2014 zur Ecopop-Initiative:

“Die Initiative richtet sich nicht gegen Menschen, sondern will dem Volk die hohe Lebens- und Umweltqualität erhalten. Diese ist durch die zunehmende Überbevölkerung bedroht, also muss man bei deren Ursachen ansetzen …”

Dazu stellt sich mir eine Frage: Wenn sich die Initiative nicht gegen Menschen richtet, gegen wen dann? Es ist zwar schon länger klar, aber so offen hat sich noch niemand dieses Lagers zu seiner Gesinnung bekennt.

Wann begreift die Schweiz, dass sie ein Einwanderungsland ist?

WOZ vom 15.April 2010. Interview mit Mark Terkessidis (Psychologe und Autor aus Berlin) der das Buch “Interkultur” (erschienen im Suhrkamp Verlag. Berlin 2010. 2020 Seiten. Fr. 22.50) geschrieben hat.

Einige wichtige Punkte aus dem Interview hier zusammengefasst.

Integration – ein alter Zopf

Das Intergrationskonzept ist aus den siebziger Jahren. Die Probleme sind nicht die Gleichen mehr. Herr Terkessidis listet die folgenden auf:

  • mangelnde Sprachbeherschung
  • patriarchale Familienverhältnisse
  • parallgesellschaftliche Strukturen

Das eigentliche Problem ist viel mehr die Vorstellung, es gäbe “eine Gruppe in der Gesellschaft – “Personen mit Migrationshintergrund” – die bestimmte Defizite aufweisen. Dabei ist es so, dass diese Gruppe dieses Defizit aufzuarbeiten hat, weil es eine bestimmte Norm gibt, die jeder hier lebende Mensch erreichen muss. Dies Norm ist deutsch, schweizerisch, wie auch immer. Das Problem ist aber, dass die Ausländer in den deutschen Städten in der Mehrheit sind. D.h. es gibt keine Norm mehr!

Aus meiner Sicht ist dies genau der richtige Denkansatz. Diese Denkweise ist auch viel realitätsnäher als es die 57% (Ja-Anteil an der Minarettabstimmung) rassistischen SchweizerInnen je sein können.